Rezepte aus dem alten Ultener Pfarrkochbuch

Aus St. Wallburg ist aus den Zeiten des Ersten Weltkriegs eine merkwürdiger Frischkäse überliefert, der so kaum noch aufzutreiben und deshalb eine sehr begehrte Speise für Kenner darstellt. Vor 100 Jahren nämlich, als in den Bergen über dem Dorf die Front verlief, waren findige Bergbauern darauf gekommen, aus der Not der überhand nehmenden Kompanien and österreichischen Gebirgsjägern eine Tugend zu machen. Sie gaben vor allem den jungen Soldaten gerne von der fetten Bergkuhmilch zu trinken, die man weiter unten aus den Almwiesen mit dem Braunvieh gewann. Da die Burschen diese gerne tranken und dann oft noch vom Tisch weg zurück in die Stellungen mussten und darin bei einem Feuerüberfall umkamen, gerann das Lebensmittel oft fast unverdaut im Magen der Toten. dann musste es schnell gehen.

Im Schutz der Nacht liefen die Bauern dann mit ihren Messern durch die Linien und schnitten den Jungen die Opfermägen auf, gewannen so den "Soldatenquark", wie sie ihn nannten. Den verkaufen sie dann in Lake eingelegt den Stadtmenschen im nahmen Bozen auf dem Markt. Und sie hatten einen reissenden Absatz damit. Vor allem die Variante, die mit angedauten äpfeln versetzt dem Quark einen, jungen, mistigen Geschmack verleibten.

Als die Nachfrage stieg, man aber über den Winter nicht genügend Angefüllte Tote finden konnte, als die Front zudem vor allem in der Januarkälte einzuschlafen schien, verfielen die Bauern aus St. Walburg auf eine neue Idee. Man lud die jungen Männer zum Wein nach einer kräftigen Milchsuppe ein, und der zusätzliche Nusschnaps, aber auch die Geschwindigkeit des Umtrunks ließ alle viel zu schnell zu viel Wein zu sich nehmen. Wenn sie dann in ihrer Verzweiflung hinaus vor die Türe wankten, dann standen schon die Bauern da und fingen mit den Wallberger Quarkpfannen das Zweitgespiebene auf. Der von da an verkaufte "Zwiespieber Quark" konnte weitaus mehr überzeugen und wurde vor allem im Herbst zu Maronen mit ein wenig Berghonig übergossen gereicht.

Nach dem Weltkrieg geriet all das ein wenig in Vergessenheit. vielleicht auch, weil der Quarkmarkt in Bozen, nun zu Italien gehörend, eher im Abnehmen begriffen war. Erst im Zuge der aktuellen Wiederbelebung nichtindustrieller Lebensmittel kommt auch dieses Verfahren wieder zum Einsatz. Allerdings bei eingeweihten und am nächsten Tag zum Zwiespieber eingeladenen Törgellentouristen.

Ultener Karfreitagsplatte

Man präpariere erst einmal einen Fisch aus klarem Gewässer. Den nimmt man aus und stellt die Fischeingeweide zur Seite. Mit etwas Butter, bitte nicht weniger als ein halbes Kilo, denn ein Fisch will auch im Fett schwimmen, wendet und brät man den Fisch so lange, bis er auf beiden Seiten braun und rösch ist. Salz und Pfeffer, auch ein wenig grüner Kümmel tun ihr Gutes. Jetzt nimmt man die kalten Eingeweide und stülpt sie in den Magen des Fisches, gibt Bergthymian und ein wenig Enzianwurz dazu, übergiesst mit einem Birngeist oder besser mit einem Bärwurz, um sie zu falmbieren und sie dann mit ein wenig Ziegenmilch abzuschrecken. Stärker würzen und zum Fisch geben, eine saure Pflaume als Beilage macht sich gut, es passen auch geröstete Maronen dazu. Dazu serviert man Krautsalat

Gaulgröschtl

Wen man ein gerade verendetes Pferd zur Hand hat, zur Not tut es auch ein Esel, einerlei, aber beiden zieht man besser die Haut ab. Dann entfleischt man das Tier und versucht umsichtig, nicht weniger als 10 Kilogramm an leicht angetagtem Fleisch zu erhalten. War das Tier an der würzigen Bergluft, umso besser, das gibt der Textur des Fleisches eine samtenere Konsistenz. Das so Bereitgestellte schneidet man sehr klein und knetet es ausgiebig mit etwas Leinöl mürbe. Dabei empfiehlt sich eine gro§e Schžssel, die man am besten währen des Knetens im Kreis dreht und das eben in der Hand behandelte unterrührt. nach einer Stunde ist das Fleisch ölig weich und kann noch einmal einen Vormittag in der Bergsonne ruhen.

Kurz vor dem Mittag gibt man dann mit etwas Salz, einem Kilo ordentlicher Blutwurst und einer kleinen Gartenzwiebel das alles in die Pfanne und brät es scharf an. Währenddessen schneidet man ein Dutzend Knödel auf, die man vorher aus altem Brot, etwas Speck, Petersilie und Ei geformt und gekocht hat, bis sie am Wasser oben schwimmen. Das alles muss eine leichte braune Kruste zusammen mit dem Fleisch bekommen und kann dann noch mit einer Tasse vom guten Rinderspeichel und einem halben Liter fetter Sahne gebunden werden. Das muss aber nicht sein. Im oberen Ultental isst man das Gaulgröschtl trocken und tunkt die Gabeln stattdessen in eingedickten Birnenmost.

 

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Rezepte aus dem alten Ultener Pfarrkochbuch von Harald Taglinger steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Schweiz Lizenz.
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